Dienstag, 10. Juni 2008

Kairos Verkehr

Mit dem Strassenverkehr in Kairo ist es so eine Sache. Erstens: Man kann uberleben. Wenn man das Ding etwas raus hat, dann wird das zum Sport ''wie komme ich am schnellst ueber die ewig breite Strasse?''
Zweitens, das Leben ist kein Ponnyhof und schon gar nicht auf Kairos Strassen. Es macht auf jedem Fall den den Anschein, dass der tagtaeglichen Strassenverkehr nicht die Kenntnisse der Verkehrsregeln (welche Regeln?) oder die etwaige Sehtauglichkeit notwenig macht, mehr ist die Beweglichkeit des Fingers oder der Hand womit die Hupe betaetigt wird von Bedeutung. Die Ampeln stehen eh nur zur zweifelhaften Zierde herum. In Kairos Strassen gilt jedemfalls der hobbsche Satz "homo homini lupus Der Mensch ist des Menschen Wolf". Als Fussgaenger sollte man auf jedemfall gesunde Beine haben und bei Gegebenheit schnell rennen koennen. Was die Fahrtauglichkeit betriff, nur so viel dazu. Das Licht wird auch in Dunkelster Dunkelheit nur im aussertsten Bedarfsfall benutzt, wenn es ueberhaupt noch funktionsfaehig ist. Es ist aber auch nicht so, dass Kairos Strassen im Uberfluss ausgelaeuchtet sein wuerden. Als Fussgaenger sollte man also auch gute Augend besitzen und nicht nachtblind sein. Ohne Licht bewegen fahren natuelich auch die Zweirader, dazu natuerlich ohne jeglichen Schutz. Aber was red, ich ich bin hier ja nicht in Almania. An die Geschwindigkeitsbegrenzung haelt sich, falls es eine solche ueberhaupt gibt scheint die keiner zu beachten . Das konnte ich eindruecklich auf der Fahrt mit dem Sammeltaxis von Alexandria zurueck nach Kairo erleben. Fuehrerscheine koennen uebrigens in Aegypten gekauft werden. Noch Fragen?

Aber ich lebe noch. Und zuEurer Beruhigung: Inzwischen habe ich Aegypten verlassen, halte mich derzeit im ruhigen wirklich relaxten Aqaba auf und bin auf dem Weg nach Syrien.
Die meisten der Kairoaner, die ich in den letzten Tagen begegenete, sind mit reichlich Temperament gesegnet. Dass sie sich anschreien gehoert zum Alltag . Hier bruellt jeder mit jedem, jung mit alt, Frau und Mann, Maenner mit Maennern (das sowieso),Reiche mit Armen. Problemloesugungsstrategien sehen so aus, sich erstmal zehn Minuten anzuschreien. Das geht so weit, dass man meine koennte, die Beteiligten gehen sich im naechsten Augenblick an die Gurgel. Blut habe ich aber bislang noch nicht spritzen sehen. Auch leichtere Verkehrsunfaelle werden mittels dieser zwischenmenschlichen Art ohne Polizei geregelt, wie ich es beobachten konnte: Ein jugendlicher Radfahrer machte die unliebsame Bekanntschaft mit einem Auto eine Kairoaners, das, auch das gibt es in Kairo, noch ganz fahrtauglich schien. Nach dem ersten Schock, kam der Fahrer des PKW wie eine Furie aus seim Wagen fauchte den etwa 13 Jaehrigen an (wahrscheinlich waehrend der zweiten Schockphase), dieser fauchte erstmals ordentlich zurueck. Das ganze ging dann etw fuenf Minuten hin und her bis zwei Schlichter zu Hilfe kamen. Nachdem die Lage etwas beruhigt werden konnte stieg der Autofahrer etwas eingeschnappt wieder ein, der Knabe grinsend auf sein Fahrrad und die Sache war gegessen.

Aber auch ohne jeden Aerger ist fast gezwungen gegen den Laerm der Stadt anzuschreien. Natuerlich gegen laufende laufende Huberei und das Geroehre in den Strassen Kairos. Beides kommt in Kairo nie zur Ruhe. Dann muss man seine Stimme gegen die unvermeidlichen, bis zum Anschlag aufgedrehten Videospots allerorts ankaempen. Nicht zu vergessen die fliegenden Haendler und Strassenverkaeufer, die ihre Waren ueberlaut, teils mit diversen elektrisch akustischen Geraete anpreisen. Das koennte man als als battle shouting bezeichen, indem sich die gegebenueberstehenden Strassenhaendler, meist junge Maenner zwischen 15 und 30, um Aufmerksamkeit zu gewinnen zu uebertrumpfen suchen. Meist steigen dann um diese Staenden herum ganz unvermittelt und spontan Parties, mit lautem Arabic Pop.

Und nicht zuleztzt die allgegenwaertigen Rufe des Muhezins, beginnend zum Anbruch der Daemerung amfruehen Morgen bis zum Eintritt der Nacht . Dabei reicht, je nach musikalischem Geschick, die Spannweite der melodischen Qualitaet fuer westliche gestimmte Ohren, von sehr schoenen Tonfolgen in gemaessigter Lautstaerke bis nur nach schraegen, heiseren Toenen die ich nur noch als Krach bezeichnen wuede.