Mittwoch, 23. Juli 2008

Die letzten Tage

Die Zeit in Jerusalem und Israel neigte sich allmählich dem Ende zu. Etwa zwölf Tage hielt ich mich hier. Und wie nicht anders zu erwarten, hat sich so manches verändert, leider nicht nur zum Guten, manches war mir aber auch weiterhin sehr vertraut. Ein Beleg dafür vielleicht, dass mir diese Stadt und dieses Land in dem einjährigen Aufenthalt vor elf bis zwölf Jahren ein Stück Heimat geworden ist. Viel alte Bekanntschaften, was mich sehr freute konnte ich wiederbeleben und neue begründen. Natürlich war manches etwas traurig. So stand ich ein Tag vor dem Haus der Nahjars in Bet Jala, in welchem ich mit anderen oft war. Jakob ist schon lange an einer Tumorerkrankung verstorben und Ulrike kehrte als Witwe und Mutter von sechs Kindern in der Hochzeit der zweiten Intifada nach Deutschland zurück. Selbst die, in ihrem engerem Umkreis in Bet Jala, scheinen nicht genau zu wissen, wo sie in Deutschland lebt. Es ist viel kaputt gegangen in dieser Zeit.

An einem anderen Tag besuchte ich Bet Sahour einen weiteren Nachbarort Bethlehms. Dort lebte die Familie von Illias, den ich zwei Monate im Haus der Eltern pflegte und mit der Familie mitleben durfte. Illias ist inzwischen verstorben, was mich nicht sehr verwunderte und seine Eltern konnten sich an mich nicht mehr erinnern. Auch das verwunderte mich nicht, sind sie doch inzwischen sehr alt und gebrechlich geworden. Aber es sind eben Spuren die nicht mehr aufgegriffen werden können, praktisch unwiederbringlich ausgelöscht.

So ist das Leben.

Das Leben in den besetzten Gebieten ist hart. Die Mauer beschneidet das Leben dort massiv. Viele sind arbeitslos und allen denen ich dort begegnet bin bescheiden ihr gegenwärtiges Leben als schlecht. Die Spannungen nehmen vor allem innerhalb Palästinas wieder zu und dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis die Lage erneut eskaliert. An die möglich Folgen darauf hin denke lieber nicht.

Aber es gibt eben auch noch die andere Seite in diesem Land. Über die Bekanntschaften mit den Israelinnen und Israelis bin sehr froh. Auch sie leiden unter dem Zustand der politischen Lage. Die gehörte Behauptung die faktische Gefahr für Anschlägen und die Bedrohung der Existenz Israels sei nicht real kann so nicht unterschreiben. Ob die Reaktionen darauf die richtigen sind, darüber lässt sich sehr wohl streiten.

In beiderlei Hinsicht habe ich sehr liebenswürdige Menschen getroffen und konnte ich Geschichte und ihre Argumente hören. Letztendlich will und kann ich mir auch kein endgütiges Urteil über diese Region bilden – es ist auch nicht meine Aufgabe. Wichtig hingegen ist, denke ich, den Menschen vorurteilslos auf beiden Seiten zu zuhören, gegebenenfalls praktisch in der konkreten Lebenslage zu unterstützen und ihnen das Gefühl zu geben, dass sie in ihrer Lage nicht alleingelassen werden. Das wurde auch ganz deutlich als Fatem zu Abschluss meinte „Komm wieder!“ und Ester „Lass was hören!“.

In der Dormitio Abtei auf dem Zionsberg, am Rande der Altstadt Jerusalem, hielt ich mich zehn Tage auf. Ein imposanter Bau und ein Relikt deutscher Repräsentanz. Dass die Dormitio steht, wo sie steht, ist, Achtung Tölzer (!), ein Verdienst von Johann Nepomuk Sepp seines Zeichens Wissenschafter, Abgeordneter des Frankfurter Reichstages und Tölzer Bürger. Auf seinen Hinweis entdeckte man das Grundstück auf dem Zionsberg. Die Zionsabtei im Auftrag des deutschen Kaisers Willhelm II , Achtung Kölner (!) durch Heinrich Renard, Diözesanbaumeister zu Köln. Als Vorbild für den Bau der Kirche und Abtei diente die St. Gereonskirche in Köln.

Der letzte Tag in Jerusalem und der Dormitio war zufällig der Namenstag des Hl. Benedikt, ein schöner Abschluss. Am selben Tag fuhr ich nach Tel Aviv. Lies mich dort durch die Wellen des Mittelmeeres und die Gedanken der vergangenen 6 Wochen treiben und kehrte am folgenden Tag nach Deutschland zurück.