Donnerstag, 10. Juli 2008

Fahrt nach Bet Jala


In den nächsten Tagen rief ich morgens Fatin in Bet Jala an. Sie hat Zeit und ich solle doch gleich zum Mittagessen nach Bet Jela kommen. "Nimm am besten den 21 Bus, der fährt direkt nach Bet Jala und komm!". Also machte ich mich Richtung Damaskus Gate qür durch die Altstadt auf den Weg. Dort fahren wie je und je die Busse ab. Vor zwölf Jahren war das meist ein ziemliches Durcheinander von allerlei Kleinbussen und Taxis. Die "Ramallah, Ramallah, Ramalla!" - Rufe waren nicht zu überhören. Dazwischen die Rufe in die anderen Fahrtrichtungen. Das hat sich geändert, scheint geordneter, wenn der Verkehr auch nicht weniger geworden ist. Ich stieg schräg gegenüber dem Damaskus Gate in einen blauweisen Bus, direkt ohne einen Jackpoint passieren zu müssen über den By-Pass nach Bet Jala fährt. Bet Jala ist ein Dorf, dass auf einem Bergrücken westlich von Betlehem liegt. Vom Hugelkamm uberblickt man gut das judäische Bergland. Im Norden, etwa nur einen Luftlinie entfernt liegt Gilo ein Vorort Jerusalems an Bet Jala. Fatin schärfte mir noch ein. "Frag nach Nikola nicht nach mir. Du weisst ja, dass die Frau bei den Araberen im Hintergrund zu stehen hat!" Fatin kenne ich durch die wöchentlichen Treffen, welche auf Initiative der Erlöserkirche in Bet Jala stattfanden. Das hat sich geändert, des jetzige Personal scheint daran nicht besonders interessiert zu sein. Ankommen. Ich werde durch Fatin und ihre Familie willkommengeheissen. Nikola, ihr Mann ist da. Fatins Mutter und später stösst noch Fatins jüngste Tochter hinzu, die gerade 18 ist und derzeit mit ihrem Schulabschluss kämpft. Fatin ist in Köln geboren und dort 20 Jahre aufgewachsen. Ihr Vater arbeitete als Drucker im Auswärtigen Amt. Während eines Heimaturlaubes lernte Fatin Nikola kennen veliebte sich und heratete ihnen und blieb letztendlich in Bet Jala. Auch Fatins Mutter ist froh wieder in Bet Jala zurück zu sein. Kein Zusammenhalt in Deutschland, jeder lebt für sich. Hier in Bet Jala ist das anders. Jeder kennt jeden. Viele Christen wandern allerdings aus Bet Jala aus. Der Druck durch die Muslime ist hoch. Viele Bet Jalas wandern nach Chile aus. Dort gibt es bereits eine grosse Gemeinschaft von Leuten aus Bet Jala. Der familäre Zusammenhalt ist dort, anders als in Deutschland, auch groß.


Nikola hat gekocht! Es gibt Reis mit Gemüße. Ich spreche, da ich gebeten werde, ein kurzes Gebet. Das Essen ist köstlich. Ich berichte mich wundernd, dass ich ohne Kontrolle nach Bet Jala gekommen bin. "Ja", entgegnete Fatin, "aber weist Du wir können diese Strasse nicht benützen. Wir müssen, wenn wir nach Jerusalem wollen, durch die Maür und benötigen eine Permission (Erlaubniss) die wir alle drei Monate erneürn müssen. Einfach so kurz mal auf einen Besuch nach Jerusalem, dass geht führ uns nicht. Die die in Isräl arbeiten müssen jeden durch die Maür müssen sich anstellen, sich ausziehen" (Anm.> die Ausreise kann auch ohne Angaben von Gründen verweigert werden).
Nach dem Essen scheinded Nikola eine Wassermelone zurecht. Fatin fragt mich ob ich noch Kontakt zu Ulrike Najjar habe. In Ulrikes Haus traffen wir uns regelmässig. Ich verneine, weis auch nicht wo sie in Deutschland lebt. Jakob, Ulrikes Mann ist etwa 1998 verstorben. Nach dem die Situation nach 2000 immer weiter eskaliert ist, ist sie mit ihren Kindern und ihrem neün deutschen Partner zurück nach Deutschland. "Weisst Du was bei uns los war?!", fragte Fatin etwas aufgebracht. "Zwei Jahre schliefen wir auf der Treppe (?) jede nacht Bomben, jeden Tag Apache Kampfhubschrauber. Das Leben in Bet Jala wurde schwer, auch nach der Eskalation. Das ist teür, alles ist teür. Die Familie hofft auf einen guten Schulabschluss für Monika, der jüngsten Tochter. Es geht um ihre Zukunft. Monikas ältere Schwester lebt in Bet Jala. Lin ist die Enkelin von Nikola und Fatin. Lin hat Fieber, isst nichts, bekommt (wie mir Nikola später erzählt) Zähne. Die zwei Söhne sind in den Staten. Der jüngere studiert noch, der älterste Sohn arbeitet in Boston im Marketing.
Es gibt Kahwa. Nikolah ist seit Jahren krank. Durch eine chronische Herzschwäche benötigt er regelmässig Medikamente und den Arzt. Aber die medizinische Versorgung ist teür. "Wie überlebt Ihr??" frage ich. Nikola produziert mit anderen Olivenholzprodukte, Weihnachtsschmuck und anderers, das dann an Touristen verkauft wird. Das Geschäft laufe derzeit ganz akzeptabel. Mit anderen aus Bet Jala und Bet Sahour (einem Nachbardorf) stellen sie die Olivenholzprodukte in mehreren Werkstätten her. Das gemeinsame Arbeiten hält die Leute am Ort und sie wandern nicht aus. Das ist gut meint Fatins Mutter. Und dann ist da noch Fatins ältester Sohn in Boston der die Familie unterstützt. Fatin selbst reist häfig nach Deutschland und hält Vorträge. Im Verhältnis zu anderen Bet Jalas sind sie reletiv privilegiert. Die Christen in Bet Jala bildeten schon je einen relativ gut situierten Mittelstand. Aber hinter vielen Türen, meinte Fatin, herrscht das Elend.

"So..", setzte Fatin an , "..und was machen Araber, wenn sie gegessen und Kaffe getrunken haben??" Ewas ratlos zuckte ich die Achseln. "Sie schlafen. Bei den Arabern wird es abends spät. Also müssen sie mittags schlafen und auch Du sollst jetzt schlafen" Ich entgegnete natürlich sofort, ich sowieso aufbrechen wolle. Aber Fatin lies sich nicht abwimmeln. Bestand darauf, dass ich mich einlege, drückte mir eine Decke in die Hand und schloss die Tür. Also schlief ich.

Eine Stunde später, oder auch etwas später wurde es im Haus wieder lebendig. Es gab Obst ich setzte mich mit Nikola auf den Balkon. Fatin blieb die meiste Zeit im Haus. Wir blickten über die Dächer von Bet Jala, hinüber zu Betlehem. Später meinte Fatin: „So, jetzt musst Du mit mir noch eine Tasse Instant-Coffe trinke!“. Und dazu gab es, ratet mal ihr Insider....ein warmes Stück Khnefi, ein sehr leckeres süsses Gebäck mit Käse.

Irgendwann wurde es doch Zeit, dass ich ging. Die Sonne ging langsam aber sicher unter. Ich verabschiedete mich. Versprach dass ich nochmals wieder komme, was ich auch tat. Und ging zufusse die Strasse runter. Vorbei an den Läden von "Life Gate" (Hallo Sabine) und weiter Richtung Betlehem bog den an der Hauptstrasse links ab. Und ging Richtung Maür und Checkpoint. Ich zog es vor zu Fuss zu gehen.

Und bald sah ich von weitem den ersten schmutzig graün Wachturm der Maür. Und mich instinktiv überlief es mich eiskalt. Denn sie taucht unmittelbar auf. durchschneidet Strassen die früher Durchgangsstrassen waren. Um sie herum ist nur noch todes, ja kastriertes Land. Sie erinnert an die Beliner Maür, vielleicht noch etwas höhe, abe das weiss ich nicht. Noch nie habe ich so ein trauriges und grausames Bauwerk gesehen. Auf der palastinensischen Seite ist die Maür bemahlt. Zeichen von Wut, Hass, Traür, Hoffnung, Beschwörung und letztendlich Ironie und bitteren Witz. Ungewollt kehrte die Ironie aber auch ganz offiziell im Checkpoint Hiess es doch auf mehreren Hinweisschildern : "Keep the Checkpoint clean!". Es ist ja nicht so, dass an diesem Ort irgend etwas menschlich und Verschönerungswert erscheint. Durch einen nach allen Seiten abgeschimten kahlen Gang, passiere ich mehrere Drehtüren aus Stahl. Eine metallene Stimme mir an einer der Drehtüren mit : "Its open!" So konnte ich passieren. Mein Gepäck wurde durchleuchtet, ansonsten konnte ich als Ausländer und offensichlicher Tourist problemlos passieren.

Kurz und gut: Ein in Stahl und Beton real gewordener Alptraum!

Durch den Check Point letztendlich hindurch, atmete erst einmal durch, setzte mich in den nächten Bus nach Jerusalem. Ich blickte auf Har Homam, ein einstmals kleines Hügelchen mit einem idylischeskleinen Wald. Jetzt sieht man davon nichts mehr. Ein kahles Etwas, das flächenddeckend mit mehrstöckigen Häusern bebaut ist. Mit ist dabei zum Heulen zu mute.

Alte Kontakte

Es war an der Zeit noch alten Bekanntschaften zu recherchieren. Mein erster Weg fuehrte mich zum French Hospital St. Luis, dirkekt an der Grenze von Alt- und Neustadt nahe der Jaffaroad. ich arbeitete dort etwa ein halbes Jahr als Pfleger. Auf den ersten Blick hat scheint sich wenig geaendert. Die Fassade wurde offenbar gereinigt. Der Eingang unveraendert. Wie eh und je sitzt dort eine Schwester. Auf Nachfrage meinte sie, Ziad sei oben, vielleicht erinnere er sich an mich. Und das tut er wirklichlich - erstaunlich! Auch Siglinde, eine deutsche Staffnurse treffe ich.Sie fuehrt mich durch die Station. Sie ist groesser geworden, die Arbeit professioneller. Wie eh und je arbeiten Volontaere aus allen moeglichen Laendern dort. Das staendige Personalstamm wurde jedoch erweitert. Die Zahl Nachtwachen wurde ausgedehnt. Um in der Pflege eigenstandig arbeiten zu koennen, wird jetzt die israelische Lizens verlangt. Das war zu unserer Zeit noch nicht so. Die Ward (Station) wurde um eine (palliative) onkologische Station erweitert, daneben mehr Sondenernaehrungen, mehr Pflegeaufwand. Ingesamt gibt jetzt 50 Betten. Spaeter treffe ich auch Abdallah und Lhamis.

Weiter ziehe ich zum Austrian Hospice und treffe ganz Zufaellig Mustafa den Koch. Der jetzt offenbar Maedchen fuer alles ist. Es arbeiten jetzt mehr Araber im OEH auch an der Rezeption und in der Cafeteria, was denke ich ein Vorschritt ist. Einen neuen Chef haben sie seit 2004 auch.

Bei den Erloesers (Redeemer Church), treffe ich Emil und Morris. Dort recherchiere ich nach Fatim Mukarker und Ester Golan und werde schliesslich fuendig.